Schreiballtag

Projekt »Toter Hund« [1]: Das Casting

In den letzten Tagen habe ich mich gedanklich mit den Charakteren zum neuen Buch beschäftigt. In meinem Kopf sind sie alle schon lebendig und ich habe auch eine recht gute visuelle Vorstellung von ihnen. Aber  es hilft mir, wenn ich mir auch ein reales Bild meiner Charaktere im wahrsten Sinn des Wortes vor Augen halte.
Aber woher nehmen? Ich kann ja nicht gut auf der Straße wildfremde Leute ansprechen und fragen, ob ich von ihnen ein Foto machen darf, nur weil die Frisur zur Frau meines Hauptverdächtigen passt …

Bildersuche oder: Wie caste ich meine Protagonisten?

Also auf ins Internet. Ein guter Ausgangspunkt ist natürlich Google mit seiner Bildersuchmaschine, ich habe ja ein ungefähres Bild meiner Hauptpersonen vor Augen. Vor allem auf Frisurenseiten werde ich schnell fündig, was den allgemeinen Typus betrifft. Das Problem bei Stockphotos und Frisurenmodels ist allerdings, dass hier hauptsächlich Profis abegelichtet sind. Die sind für meine Zwecke meistens zu „schön“.

Ich suche also nach ähnlichen Bildern, in Chrome geht das so: Rechtsklick auf ein Bild, „Mit Google nach Bild suchen“ auswählen. Ein passendes Suchwort oben eintragen und dann „optisch ähnliche Bilder“ anklicken. Nun tue ich das, was ich sonst nie mache: ich klicke mich von Link zu Link, von Seite zu Seite, von Bild zu Bild, minutenlang, stundenlang. Und auf einmal – bämm – da ist es. Nun ziert das Foto mein Whiteboard. Und wenn ich mal beim Schreiben nicht weiter weiß, hilft mir ein Blick auf meinen Protagonisten.

Für diesen Zweck kaufe ich übrigens keine Lizenz – sorry an den Fotografen –, sondern drucke die Vorschaubilder des Stockphoto-Anbieters aus. Das Wasserzeichen stört mich da nicht. Die hier im Kopf des Beitrags abgebildete „Katja“ habe ich aber natürlich als Einzellizenz erworben, weil ich sie hier veröffentlichen wollte. Kostet nur 2 Euro, das ist mehr als fair.

Was sich hier so einfach anhört, ist jedenfalls ganz schön zeitaufwändig. Zum Beispiel habe ich für die Suche nach einem optischen Vorbild zu meiner Protagonistin Katja Maus gestern den ganzen Tag gebraucht. Aber ich war erfolgreich!

Mein Whiteboard füllt sich langsam mit Leben.

Die Tierärztin Katja Maus habe ich ja schon im ersten Band vorgestellt, genauso wie ihr »Love interest«, wie es so schön auf Neu-Denglish heißt, den Polizisten Cornelius Blum. Gefunden habe ich „meine“ Katja unter den Models eines Fotografen, der auf mehreren Stockphoto-Seiten veröffentlicht hat. Auf einem der Bilder ist sie als Tierärztin abgebildet, mit einem Dackel im Arm, und so bin ich auf sie aufmerksam geworden.

Für Cornelius Blum muss der deutsche Schauspieler Thomas Scharff herhalten. Er ist bekannt aus „Notruf Hafenkante“ und passenderweise schon in Polizeiuniform. Sogar ein Foto von ihm mit Hund habe ich gefunden.

Der Tote

Für mein Opfer habe ich recht schnell ein Opfer gefunden: einen kanadischen Schauspieler namens Scott Speedman, von dem ich noch nie gehört habe.
Ich brauchte den Typ „gutaussehender Arsch“, mehr ist nicht wichtig. Der Mann hat nämlich nur einen sehr kurzen Auftritt und wird ansonsten nur indirekt im Buch vorkommen. Scott verkörpert den ziemlich perfekt, und ich entschuldige mich hiermit schon mal vorsorglich für seine Ermordung.

Was für eine Ähnlichkeit!

Bei der Bildersuche nach meinem Hauptverdächtigen ist etwas unglaubliches passiert.
In der Backstory meines Romans kommt eine Persönlichkeit aus der Ratinger Stadtgeschichte vor, nämlich der frühe Industrielle Johann Gottfried Brügelmann. Wikipedia stellt ein schönes Bild von seinem Konterfei zur Verfügung.
Einer der Verdächtigen in meiner Geschichte soll nun ein Nachfahre eben dieses Herrn Brügelmann sein, der allerdings anders heißen wird. Es ist ja eine erfundene Geschichte, und ich will mich nicht mit den echten Erben anlegen …

Jedenfalls hatte ich eine sehr klare Vorstellung von diesem Mann im Kopf. In der Familienkonstellation und der Charakterisierung beruht er ganz vage auf einem Bekannten in Österreich. Ich suche nun also nach der Verkörperung dieses „Typen“, der meinem Verdächtigen entspricht, und finde ihn in dem bereits verstorbenen Journalisten Bodo Hauser.
Und als ich sein Foto ausdrucke und neben das von Herrn Brügelmann an mein Whiteboard pinne, sehe ich die unglaubliche Ähnlichkeit der beiden Männer.

Ist das nicht sagenhaft? Ich habe nämlich gar nicht nach einem Mann gesucht, der dem alten Brügelmann ähnelt, sondern wie immer nur meiner Fantasie freien Lauf gelassen …

 

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